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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.06.2008
Aktenzeichen: 5 U 61/07
Rechtsgebiete: FlErwV, AusglLeistG, GVG, BGB, EGBGB


Vorschriften:

FlErwV § 1 Abs. 3
FlErwV § 4 Abs. 2
FlErwV § 7
FlErwV § 7 Satz 1
FlErwV § 12 Abs. 1 lit. a) dd)
FlErwV § 12 Abs. 8
FlErwV § 12 Abs. 10 Satz 1
AusglLeistG § 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b
AusglLeistG § 4 Abs. 3
GVG § 13
BGB § 7
BGB § 242
BGB § 346 Satz 1 a.F.
BGB § 345
BGB § 358 a.F.
BGB § 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt.
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 61/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 05.06.2008

Verkündet am 05.06.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt sowie die Richter am Oberlandesgericht Grepel und Tombrink auf die mündliche Verhandlung vom 29. Mai 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das am 3. April 2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - 6 O 91/06 - teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, die Löschung der in Abteilung III lfd. Nr. 2 des Grundbuches des Amtsgerichts Cottbus von L... Blatt 547 eingetragenen Gesamtgrundschuld über nominal 129.122,81 € nebst Zinsen zugunsten der D... AG H... zu bewilligen und herbeizuführen, soweit sich diese Gesamtgrundschuld auf die in dem Grundbuch des Amtsgerichts Cottbus von L... Blatt 547 unter der lfd. Nr. 132 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundstücke (Flur 4, Flurstücke 176, 177 und 178) erstreckt (Entlassung aus der Mithaft).

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrages über Waldflächen.

Die Klägerin führt als Tochtergesellschaft der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) im Rahmen der Privatisierung ehemals volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen Verkäufe auf der Grundlage des Ausgleichsleistungsgesetzes (AusglLeistG) und der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV) - als Privatisierungsstelle im Sinne von § 7 Satz 1 FlErwV - durch.

Im Jahre 2001 beantragte der am ... 1982 geborene Beklagte den begünstigten Erwerb von Waldflächen zur Neueinrichtung eines Forstbetriebes nach § 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b) AusglLeistG. Hierfür legte er unter dem Datum des 2. Juli 2001 ein Betriebskonzept vor, worin er unter anderem folgendes angab:

"Herr H... ist z. Z. Abiturient. Nach dem Abitur wird Herr H... den Beruf als Agrartechniker lernen und danach ein Studium zum Diplom-Landwirt absolvieren. Der Vater von Herrn H... bewirtschaftet seit 1996 einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Marktfruchtanbau (ca. 600 ha im Eigenbesitz) und umfangreicher Schweinemast in L.... Hier hat die Familie H... auch ihren Wohnsitz. Die Ackerflächen grenzen überwiegend direkt an den zu erwerbenden Forstbetrieb an.

Die Forstfläche in L... gehörte früher zum gleichen Landwirtschaftsbetrieb, wie auch die Ackerflächen. Durch den Erwerb der Forstflächen könnte die Bewirtschaftung der Acker-und der Forstflächen wieder zusammengeführt werden und gemeinsam erfolgen.

Herr J... H... wird nach Abschluss seiner Ausbildung im Familienbetrieb tätig werden und eines Tages das Erbe seines Vaters antreten.

(...)

Die kaufmännische Betriebsleitung übernimmt nach dem Erwerb der Herr H... H..., der Vater des Kaufinteressenten.

(...)"

In einer "Verpflichtungserklärung" vom 9. Juli 2001 erklärte der Beklagte, "dass ich gemäß § 4 Abs. 2 FlErwV, soweit dies nicht bereits geschehen ist, meinen Hauptwohnsitz binnen einer Frist von zwei Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages in die Nähe der Betriebsstätte verlegen werde [und mir] bekannt [ist], dass der begünstigte Flächenerwerb rückabgewickelt werden kann, wenn ich den Hauptwohnsitz nicht für die Dauer von 20 Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages dort beibehalten werde". Am 12. Juli 2001 meldete der Beklagte bei der Stadt D... seinen Wohnsitz unter der Anschrift "...straße 13, L..." an. Der Hauptwohnsitz der Eltern des Beklagten befindet sich in B... (bei H...); der Beklagte besuchte bis Sommer 2002 die M...schule Hi... (Fachgymnasium Agrarwirtschaft). Bei dem Grundstück ...straße 13 in L... handelt es sich um einen Gutshof, auf dem sich mehrere Gebäude befinden; Eigentümer des Grundstücks ist der Vater des Beklagten, H... H...; Pächter des Gutshofes war zu dieser Zeit U... R.... Mit Schreiben vom 6. September 2001 erklärte der Vater des Beklagten gegenüber dem Pächter R... die fristlose Kündigung des Pachtvertrages wegen ausstehender Pachtzahlungen und kündigte zugleich an, die Flächen zum 30. September 2001 wieder in Eigenbewirtschaftung zu übernehmen.

Am 11. Dezember 2001 schlossen die Parteien zur UR-Nr. 2823/2001 des Notars ... in C... einen Kaufvertrag über die Veräußerung einer Mehrzahl forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke in der Gemarkung L..., Flur 4, und in der Gemarkung S..., Flur 4 - nunmehr verzeichnet in den Grundbüchern des Amtsgerichts Cottbus von L... Blatt 466, lfd. Nr. 3, 10-18 des Bestandsverzeichnisses (BV), von L... Blatt 547 lfd. Nr. 132 des BV und von S... Blatt 300 lfd. Nr. 1-40 des BV - mit einer Größe von insgesamt 392,4478 ha (§ 1 und § 2 Nr. 1) für einen Kaufpreis von 258.245,62 € (§ 2 Nr. 2). In dem Kaufvertrag gab der Beklagte seine Anschrift an mit "...straße 13, L...". § 10 des Kaufvertrages enthält Regelungen zur "Sicherung der Zweckbindung"; darin heißt es unter anderem:

"2. Die Verkäuferin ist berechtigt, ganz oder teilweise von diesem Vertrage zurückzutreten, wenn

(...)

e) der Käufer seinen Hauptwohnsitz nicht innerhalb von zwei Jahren nach Abschluss dieses Vertrages in die Nähe der Betriebsstätte verlegt und dort nicht für die Dauer von 20 Jahren nach Abschluss dieses Vertrages beibehält

oder

f) wenn feststeht, dass die von dem Käufer für den Abschluss dieses Vertrages gegenüber der Verkäuferin erbrachten Nachweise und Angaben falsch waren

(...).

3. Der Käufer verpflichtet sich,

a) der Verkäuferin bis zum 11.12.2003 durch Vorlage einer entsprechenden Meldebescheinigung nachzuweisen, dass er seinen Hauptwohnsitz in der Nähe der Betriebsstätte genommen hat sowie auf Verlangen der Verkäuferin nachzuweisen, dass er seinen Hauptwohnsitz dort beibehalten hat

(...)

c) der Verkäuferin innerhalb des in Abs. 2 genannten Zeitraumes (...) eine Verlegung seines Hauptwohnsitzes i.S. d. Abs. 2e) innerhalb einer Frist von 1 Monat nach Eintritt der jeweiligen Veränderung anzuzeigen.

(...)"

Am 5. März 2002 wurde zu Lasten des verkauften Grundbesitzes eine Gesamtgrundschuld über 129.122,81 € zugunsten der D... AG H... in das Grundbuch eingetragen.

Mit notariellem Vertrag vom 18. November 2003 (UR-Nr. 2381/2003 des Notars ... in C...) änderten die Parteien den Kaufvertrag vom 11. Dezember 2001 dahin ab, dass anstelle des 262.815 m² großen (früheren) Flurstücks 165 der Flur 4 der Gemarkung L... das 251 m² kleinere, also 262.564 m² große, (neue) Flurstück 175 der Flur 4 der Gemarkung L... Kaufgegenstand sein und der Kaufpreis dementsprechend um einen Betrag von 16,54 € auf nunmehr 258.229,08 € reduziert werden sollte. Das neue Flurstück 175 ist aus dem alten Flurstück 165 hervorgegangen. Die Restfläche des alten Flurstücks 165 von 251 m² verteilt sich auf die unter Ziffer 132 des Bestandsverzeichnisses des Grundbuches von L... Blatt 547 verzeichneten Flurstücke 176, 177 und 178 der Flur 4 der Gemarkung L....

Am 26. März 2004 wurde der Beklagte als Eigentümer des nach Maßgabe des geänderten Kaufvertrages veräußerten Grundbesitzes [nunmehr verzeichnet in den Grundbüchern des Amtsgerichts Cottbus von L... Blatt 466, lfd. Nr. 3, 10-18 des Bestandsverzeichnisses (BV), und von S... Blatt 300 lfd. Nr. 1-40 des BV] in das Grundbuch eingetragen.

Am 23. April 2002 meldete sich der Beklagte aus D.../L... ab und seinen neuen Wohnsitz in B..., P... Weg 30, an. Im Sommer 2002 legte der Beklagte seine Abiturprüfung ab; bis dahin wohnte er in B.... Vom 1. Oktober 2002 bis zum 30. Juni 2003 leistete er seinen Grundwehrdienst ab; die Einberufung erfolgte durch das Kreiswehrersatzamt C.... Am 15. April 2003 meldete der Beklagte seinen Wohnsitz bei der Stadt D... unter der Anschrift "...straße 13, D.../L..." an. Am 1. Juli 2003 meldete sich der Beklagte bei dem Arbeitsamt C... arbeitslos; als Wohnanschrift gab er an: "...straße 13, L...". Im Jahre 2004 übersandte der Beklagte der Klägerin eine Meldebescheinigung der Stadt D... vom 17. Februar 2004, wonach er seit dem 15. April 2003 "unter der Anschrift ...straße 13, D... OT L... laut Melderegister mit alleiniger Wohnung gemeldet ist." Im April und im September 2004 nahm die Klägerin durch ihre Mitarbeiterinnen K... und T... auf dem Grundstück ...straße 13 in D... Überprüfungen vor; die Mitarbeiterinnen bemerkten einen Briefkasten mit dem Nachnamen des Beklagten, aber keine sonstigen Hinweise auf eine Wohnung des Beklagten. Auf telefonische Nachfrage der Klägerin erklärte der Vater des Beklagten am 26. November 2004, dass der Beklagte nicht auf dem Grundstück ...straße 13 wohne, weil das Gutshaus nicht mehr bewohnbar sei, dass der Beklagte eine landwirtschaftliche Lehre absolviere und sich in der Nähe von Ha... aufhalte und dass der Beklagte eine Wohnung im D... Weg in D... unterhalte. Mit Schreiben vom 14. Januar 2005 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass zum 23. April 2002 seinen Hauptwohnsitz in L..., ...straße 13, genommen habe, er das dortige Gutshaus aber erst nach Räumung durch den Pächter im März 2003 habe in Augenschein nehmen können, wobei er dann festgestellt habe, dass das Gutshaus nicht bewohnbar sei; daher habe er sich eine Wohnung im D... Weg 1 in D... eingerichtet. Mit Anwaltsschreiben vom 1. März 2005 bekräftige der Beklagte, dass er seinen Hauptwohnsitz vertragsgemäß in D... genommen habe; während seines Aufenthaltes bei auswärtigen Ausbildungsbetrieben verfüge er dort nur eine kleine Schlafunterkunft. Hierauf nahmen die Mitarbeiterinnen K... und T... der Klägerin am 15. März 2005 vor Ort auf dem Grundstück D... Weg 1 eine Überprüfung vor. Auf dem Grundstück D... Weg 1 befinden sich ein Schweinemastbetrieb mit Stallanlagen und ein dazu gehöriges eingeschossiges (barackenähnliches) ehemaliges Verwaltungsgebäude, in dem unter anderem auch Wohnräume liegen; eine Hausnummer, ein Türschild oder eine Klingel waren dort bei der Besichtigung im März 2005 nicht angebracht. Ebenfalls am 15. März 2005 meldete der Beklagte (nachdem er von der Überprüfung vom selben Tage erfahren hatte) bei der Stadt D... seinen Wohnsitz mit der Anschrift D... Weg 1, D..., an.

Mit Schreiben vom 28. Juni 2005 erklärte die Klägerin unter Hinweis auf die vertraglichen Regelungen in § 10 Nr. 2 lit. e) und f) den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte den Beklagten zur lastenfreien Rückübertragung und Herausgabe der Grundstücke Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises bis zum 11. Juli 2005 auf. Dem trat der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 26. September 2005 entgegen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Der Beklagte habe seinen Hauptwohnsitz nicht innerhalb der vorgegebenen Zweijahresfrist in der Nähe der Betriebsstätte genommen und bei Vertragsschluss falsche Angaben gemacht.

Der Beklagte habe bei Vertragsschluss verschwiegen, dass der Wohnsitz seiner Familie in B... sei. Unter der im Vertrag angegebenen und von ihm angemeldeten Anschrift "...straße 13" habe der Beklagte niemals gewohnt. Gewohnt habe der Beklagte vielmehr bei seinen Eltern in B.... Die Wohnung im D... Weg 1 habe der Beklagte - ebenso wie sein Vater - nur gelegentlich als "Betriebswohnung" und Schlafmöglichkeit genutzt; bei der Ortsbesichtigung vom 15. März 2005 habe dort nichts auf eine "Wohnung des Beklagten" hingedeutet.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, Zug um Zug gegen Zahlung von 258.245,62 € die im Grundbuch von L... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 466 unter den lfd. Nrn. 3, 10 bis 18, das im Grundbuch von L... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 547 unter der lfd. Nr. 132 sowie die im Grundbuch von S... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 300 unter den lfd. Nrn. 1 bis 40 eingetragenen Grundstücke an die Klägerin herauszugeben sowie aufzulassen und die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch zu bewilligen;

2. den Beklagten zu verurteilen, Zug um Zug gegen Zahlung der unter Ziffer 1. bereits angeführten 258.245,62 € die Löschungen der in den Dritten Abteilungen des Grundbuchs von L... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 466 unter der lfd. Nr. 1, des Grundbuchs von L... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 547 unter der lfd. Nr. 2 und des Grundbuchs von S... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 300 unter der lfd. Nr. 1 zugunsten der D... AG H... eingetragenen Gesamtgrundschuld in Höhe von nominal 129.122,81 € nebst Zinsen herbeizuführen und zu bewilligen;

3. festzustellen, dass sich der Beklagte seit dem 12. Juli 2005 im Annahmeverzug befindet.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat entgegnet, dass kein Rücktrittsgrund vorliege. Vor und bei dem Abschluss des Kaufvertrages sei zwischen den Parteien ausführlich erörtert worden, dass er, der Beklagte, noch Schüler und erst 19 Jahre alt sei und noch die Abiturprüfung ablegen, den Grundwehrdienst ableisten und anschließend eine landwirtschaftliche Ausbildung absolvieren werde; insbesondere durch die Ausbildung sei eine zeitweilige Abwesenheit von D... erforderlich. Er sei bei Vertragsschluss davon ausgegangen, dass er seinen langfristigen Wohnsitz in der ...straße 13 in D... begründen werde. Wegen der Räumung des Grundstücks und des darauf befindlichen Gutshauses durch den Pächter sei es aber zu rechtlichen Auseinandersetzungen gekommen, so dass der Pächter erst im März 2003 geräumt habe. Dementsprechend habe er, der Beklagte, sich am 15. April 2003 unter dieser Anschrift angemeldet. Es habe sich dann aber herausgestellt, das das Gutshaus von dem Pächter heruntergewirtschaftet worden, nicht mehr bewohnbar gewesen sei und eine Sanierung mit hohen Kosten verbunden gewesen wäre. Daher sei er vorübergehend in das Nebengebäude (...straße "13a") gezogen. Bereits im Sommer 2001 sei ein Briefkasten mit seinem Namen am Eingangstor zum Grundstück angebracht worden. Etwa 2 Monate später, ebenfalls im Frühjahr 2003, sei er in die Wohnung im D... Weg 1 umgezogen. Diese Wohnung sei bereits komplett eingerichtet gewesen und verfüge über zwei Zimmer, Bad, Küche und Diele. Sie befinde sich auf dem Gelände der L... GmbH, an welcher er, der Beklagte, mit 25% beteiligt sei. Der Briefkasten befinde sich am Haupttor. In dieser Wohnung habe er bis heute seinen Hauptwohnsitz und Lebensmittelpunkt. Mindestens sechs Monate im Jahr verbringe er dort. Dass er am 17. Februar 2004 gegenüber der Meldebehörde angegeben habe, noch in der ...straße 13 zu wohnen, habe darauf beruht, dass diese Anschrift in seinem Personalausweis eingetragen gewesen sei. Von August 2003 bis Juli 2005 habe er im Raum Ha... und Br... an verschiedenen Einsatzorten seine Ausbildung absolviert und sei in dieser Zeit an jedem zweiten Wochenende im D... Weg 1 gewesen. Im Anschluss daran habe er mit seinem Studium in K... begonnen und sei fast jedes Wochenende in der Wohnung im D... Weg 1. Er empfange dort auch Besucher und habe dort stets seinen Hauptwohnsitz behalten. Dementsprechend werde er auch bei dem Finanzamt C... geführt und veranlagt und empfange er dort auch seine Post. Die Mitteilung des Umzuges von der ...straße 13(a) in den D... Weg 1 habe er nicht für wesentlich erachtet und erst am 15. März 2005 vorgenommen; um nicht wegen einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, habe er dabei den 15. März 2005 als Einzugsdatum angegeben. In D.../L... baue er sich seine berufliche Existenz auf. Er sei nicht nur Mitinhaber der L... GmbH (zu 25%), sondern auch der 20 km entfernt ansässigen F... GmbH (zu 95%) und Mitarbeiter der in D... ansässigen Firmen L... GmbH und Gut L... KG. Im Übrigen habe die Klägerin den ihr nach § 12 Abs. 8 FlErwV eröffneten Ermessenspielraum bei der Ausübung des Rücktrittsrechtes nicht beachtet.

Das Landgericht hat zur Frage des (Haupt-)Wohnsitzes des Beklagten Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen M... D..., H... H..., P... L..., A... T..., T... K..., A... Ri..., J... Sch... und W... V.... Mit seinem Urteil vom 3. April 2007 hat es den Beklagten antragsgemäß zur Herausgabe und Rückübereignung der Grundstücke sowie zur Herbeiführung und Bewilligung der Löschung der Gesamtgrundschuld - jeweils Zug um Zug gegen Zahlung von 258.245,62 € - verurteilt und den Annahmeverzug des Beklagten festgestellt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt: Der Klägerin stehe zwar kein Rücktrittsrecht nach § 10 Nr. 2 lit. f) des Kaufvertrages zu, da die Falschangabe des Beklagten zum Wohnsitz seiner "Familie" bei Vertragsschluss nicht in dem nötigen Kausalzusammenhang mit dem Vertragsabschluss stehe; entscheidend sei vielmehr gewesen, dass der Beklagte innerhalb der Frist von zwei Jahren seinen Hauptwohnsitz dauerhaft in D... begründe. Das Rücktrittsrecht der Klägerin ergebe sich hier aber aus § 10 Nr. 2 lit. e) des Vertrages, weil der Beklagte nicht bis zum 11. Dezember 2003 seinen Hauptwohnsitz in der Nähe der Betriebsstätte genommen habe. "Hauptwohnsitz" im Sinne von § 1 Absatz 3 FlErwV sei der Lebensmittelpunkt, also der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse. Einen solchen Lebensmittelpunkt habe der Beklagte aber weder in der ...straße 13(a) noch im D... Weg 1 begründet. Obwohl er bereits im Frühjahr 2003 in den D... Weg gezogen sein wolle, habe der Beklagte die - inhaltlich falsche - Meldebescheinigung vom 17. Februar 2004 erwirkt. Die Meldebescheinigung vom 15. März 2005 nenne als Einzugsdatum in die Wohnung im D... Weg 1 - erst - den 15. März 2005. Unter diesen Umständen sei davon auszugehen, dass der Beklagte allenfalls im März 2005 - also lange nach Fristablauf - in den D... Weg 1 gezogen sei. Gegen die Nutzung dieser Wohnung als Lebensmittelpunkt des Beklagten spreche auch die Lage der Wohnung in einer Baracke auf dem Gelände einer Schweinemästerei, der von den Zeuginnen T... und K... vorgefundene Zustand der Wohnung und die von der Zeugin T... bekundete Mitteilung des dortigen Pförtners, wonach er den Beklagten noch niemals auf dem Gelände gesehen und sich der Vater des Beklagten diese Wohnung für gelegentliche Übernachtungen eingerichtet habe. Den ihm danach obliegenden Gegenbeweis habe der Beklagte nicht erbracht. Die Angaben des Zeugen H... seien ungenau und widersprüchlich, und die übrigen Zeugen hätten den Beklagten im Wesentlichen nur in Arbeitsstoßzeiten bzw. Erntezeiten und ab und zu an Wochenenden im D... Weg 1 gesehen. Danach habe der Beklagte diese Wohnung nur für Arbeitseinsätze und gelegentliche Aufenthalte, nicht aber als Hauptwohnsitz genutzt.

Gegen dieses ihm am 11. April 2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Eingang vom 10. Mai 2007 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11. Juli 2007 - mit Eingang vom 11. Juli 2007 begründet.

Der Beklagte rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts als fehlerhaft und trägt vor: Mit der Vorlage der Meldebescheinigung vom 17. Februar 2004 habe er seiner Pflicht gemäß § 10 Nr. 2 und 3 des Kaufvertrages erfüllt. Entscheidend sei der "Wohnort". Seinen Wohnsitz habe er in D.../L... genommen. Die Aufenthalte bei auswärtigen Ausbildungsbetrieben und Hochschulen hätten keinen Wechsel des Hauptwohnsitzes herbeigeführt.

Er beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt - nach teilweiser Klagerücknahme (Antrag auf Herausgabe und Rückübereignung des im Grundbuch von L... Blatt 547 lfd. Nr. 132 des BV verzeichneten Grundbesitzes) -,

die Berufung des Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass

1. der Beklagte zu verurteilt wird, Zug um Zug gegen Zahlung von 258.229,08 € die im Grundbuch von L... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 466 unter den lfd. Nrn. 3, 10 bis 18 sowie die im Grundbuch von S... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 300 unter den lfd. Nrn. 1 bis 40 eingetragenen Grundstücke an die Klägerin herauszugeben sowie aufzulassen und die Eintragung der Klägerin als Eigentümerin im Grundbuch zu bewilligen;

2. der Beklagte verurteilt wird, Zug um Zug gegen Zahlung der unter Ziffer 1. bereits angeführten 258.229,08 € die Löschungen der in den Dritten Abteilungen des Grundbuchs von L... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 466 unter der lfd. Nr. 1, des Grundbuchs von L... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 547 unter der lfd. Nr. 2 und des Grundbuchs von S... des Amtsgerichts Cottbus Blatt 300 unter der lfd. Nr. 1 zugunsten der D... AG H... eingetragenen Gesamtgrundschuld in Höhe von nominal 129.122,81 € nebst Zinsen herbeizuführen und zu bewilligen;

3. festzustellen, dass sich der Beklagte seit dem 12. Juli 2005 im Annahmeverzug befindet.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil des Landgerichts und verweist auf die Meldebescheinigungen vom 17. Februar 2004 und 15. März 2005. Sie macht geltend, dass es für einen Hauptwohnsitz (Lebensmittelpunkt) nicht genüge, wenn der Beklagte die Wohnung im D... Weg 1 bei einzelnen Arbeitseinsätzen und gelegentlich an Wochenenden als Übernachtungsmöglichkeit genutzt habe; in den Jahren 2003 bis 2005 habe sich der Beklagte allenfalls wenige Wochen in D... aufgehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

1. Die Berufung des Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 511 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, §§ 517, 519, 520 ZPO).

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache selbst Erfolg. Die zulässige Klage ist lediglich hinsichtlich des Antrags auf Entlassung des im Grundbuch von L... Blatt 547 lfd. Nr. 132 des BV verzeichneten Grundbesitzes aus der Mithaft für die Gesamtgrundschuld zugunsten der D... AG H... in Höhe von nominal 129.122,81 € nebst Zinsen begründet, im Übrigen aber unbegründet.

a) Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Es handelt sich bei dem hier streitgegenständlichen Vertrag über den (begünstigten) Erwerb von Waldflächen nach § 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b) AusglLeistG nicht um einen öffentlich-rechtlichen, sondern um einen privatrechtlichen Vertrag (s. etwa OLG Naumburg, OLG-NL 2005, S. 106, 108; KGR 2003, S. 217, 219), so dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach § 13 GVG eröffnet ist (und in materiell-rechtlicher Hinsicht die Vorschriften des BGB anzuwenden sind).

b) Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. BGB (condictio ob causam finitam) und § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entlassung der unter der lfd. Nr. 132 des BV im Grundbuch von L... Blatt 547 verzeichneten Grundstücke aus der Mithaft für die Gesamtgrundschuld zugunsten der D... AG H... in Höhe von nominal 129.122,81 € nebst Zinsen verlangen, da sich diese Grundstücke im Eigentum der Klägerin befinden, nach der Änderung des Kaufvertrages vom 18. November 2003 nicht mehr Kaufgegenstand sind und somit von dem Beklagten auch nicht mehr als dingliche Sicherheit genutzt werden dürfen. Der diesbezügliche Anspruch der Klägerin ist im Termin vom 29. Mai 2008 zwischen den Parteien nicht streitig gewesen.

c) Der Klägerin steht jedoch kein Anspruch auf Herausgabe und lastenfreie Rückübereignung der Kaufgrundstücke zu.

Als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt hier allein § 346 Satz 1 BGB (a.F.) [Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB] i.V.m. § 8 des Kaufvertrages, § 4 Abs. 3 AusglLeistG, § 12 Abs. 10 Satz 1 FlErwV. Die Klägerin hat zwar mit Schreiben vom 28. Juni 2005 den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt; ein Rücktrittsrecht steht ihr nach Lage des Falles jedoch nicht zu.

aa) Ein Rücktrittsrecht nach § 10 Nr. 2 lit. f) des Kaufvertrages [s. auch § 12 Abs. 1 lit. c) FlErwV] hat das Landgericht zutreffend abgelehnt. Auch wenn die Angabe des Beklagten bei Vertragsschluss, dass er seinen Wohnsitz in der ...straße 13 in D... habe, (jedenfalls) für den damaligen Zeitpunkt unrichtig gewesen ist, fehlt es doch an dem nötigen Kausalzusammenhang zwischen dieser (Falsch-)Angabe und dem Vertragsabschluss, wie er in § 10 Nr. 2 lit. f) des Kaufvertrages zur Voraussetzung des Rücktrittsrechts erhoben wird ("für den Abschluss dieses Vertrages ..."). Aus der Verpflichtungserklärung des Beklagten vom 9. Juli 2001 und den Regelungen in § 10 Nr. 2 lit. e) und § 10 Nr. 3 lit. a) des Vertrages [sowie aus § 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b) AusglLeistG, § 4 Abs. 2 FlErwV] ergibt sich, dass es nicht entscheidend darauf ankommt, dass der Käufer (Beklagte) seinen Hauptwohnsitz schon bei Vertragsabschluss dauerhaft in der Nähe der Betriebsstätte genommen hat, sondern vielmehr darauf, dass er innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Vertragsschluss seinen Hauptwohnsitz dauerhaft in der Nähe der Betriebsstätte begründet. Nach Ziffer 2 und 10 der Anlage 5 zu § 7 FlErwV muss dem Kaufantrag für einen Erwerb nach § 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b) AusglLeistG eine Meldebestätigung über die Ortsansässigkeit in der Nähe der Betriebsstätte oder eine Verpflichtungserklärung zur Verlegung des Hauptwohnsitzes in die Nähe der Betriebsstätte innerhalb von zwei Jahren nach Erwerb der Waldflächen beigefügt werden, und hier hatte der Beklagte vor Vertragsabschluss unstreitig keine Meldebestätigung über eine schon vorhandene Ortsansässigkeit, sondern die Verpflichtungserklärung vom 9. Juli 2001 vorgelegt.

bb) Auch ein Rücktrittsrecht nach § 10 Nr. 2 lit. e) des Kaufvertrages kommt hier nicht zum Zuge.

Dieses Rücktrittsrecht setzt voraus, dass der Käufer (Beklagte) seinen Hauptwohnsitz nicht innerhalb von zwei Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages in die Nähe der Betriebsstätte verlegt hat, und korrespondiert mit einer wesentlichen Voraussetzung für den begünstigten Waldflächenerwerb durch einen (noch nicht ortsansässigen) Neueinrichter gemäß § 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b), § 4 Abs. 3 AusglLeistG, § 4 Abs. 2, § 1 Abs. 3, § 12 Abs. 1 lit. a) dd) FlErwV, Ziffer 2 und 10 der Anlage 5 zu § 7 FlErwV. Das Erfordernis der Begründung der Ortsansässigkeit in der Nähe der Betriebsstätte soll einen "Flächenerwerbstourismus" und Bodenspekulationen verhindern und im Interesse der Strukturförderung die örtliche Nähe zwischen der Betriebsstätte, dem Betrieb und dem Betreiber (Betriebsinhaber/Erwerber) gewährleisten. Die Vereinbarung des Rücktrittsgrundes in § 10 Nr. 2 lit. e) des Kaufvertrages steht im Einklang mit den Vorgaben des AusglLeistG und der FlErwV, dem (Subventions- bzw. Förderungs-)Zweck des begünstigten Waldflächenerwerbs nach § 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b) AusglLeistG und begegnet insgesamt keinen rechtlichen Bedenken (s. auch OLG Naumburg, OLG-NL 2005, S. 106, 107 f.).

Die Voraussetzungen dieses Rücktrittsgrundes liegen hier aber nicht vor. Der Beklagte hat die fristgerechte Begründung seines Hauptwohnsitzes in D... hinreichend nachgewiesen. Nach Lage des Falles genügt hierfür ein - vom Landgericht festgestellter - nur "gelegentlicher" Aufenthalt; das Landgericht hat nicht hinreichend beachtet, dass sich der Beklagte ab dem Sommer 2003 in einer auswärtigen Ausbildung zum Agrartechniker befunden und danach (Herbst 2005) sein Studium an der Universität K... aufgenommen hat, dass der damit verbundene überwiegende Aufenthalt am (auswärtigen) Ausbildungs- bzw. Studienort regelmäßig - da nur einem "vorübergehenden Zweck" dienend - keinen Wohnsitz an diesen Orten begründet, dass der Beklagte erhebliche wirtschaftliche Aktivitäten im Raum D... und sein Ziel dargelegt hat, dort seine berufliche Existenz einzurichten, und dass sonach kein Anhalt dafür besteht, wo der "Hauptwohnsitz" des Beklagten sonst liegen sollte, wenn nicht im D... Weg 1 in D....

"Hauptwohnsitz" des Erwerbers ist gemäß § 1 Abs. 3 FlErwV sein "Lebensmittelpunkt"; diese Definition hat rein klarstellende Bedeutung; sie verweist auf die allgemein anerkannten Grundsätze zur Bestimmung des Wohnsitzes gemäß § 7 BGB (s. OLG Naumburg, OLG-NL 2005, S. 106, 108; Zimmermann, in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, § 1 FlErwV Rdn. 38). Der (Haupt-)Wohnsitz im Sinne von § 7 BGB ist der räumliche Schwerpunkt (Mittelpunkt) der gesamten Lebensverhältnisse einer Person (s. etwa RGZ Bd.67, S. 191, 193; BayObLGZ 1984, S. 289, 290; 1985, S. 158, 161; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 67. Aufl. 2008, § 7 Rdn. 1; Münch.Komm.-Schmitt, BGB, Bd. 1, 5. Aufl. 2006, § 7 Rdn. 8 f., 36). Dabei kommt es nicht maßgeblich auf die Wohnung als solche, sondern auf die kleinste politische Einheit (Ortschaft, Gemeinde) an, in der die Wohnung liegt (arg. "Ort" in § 7 Abs. 1 und 2 BGB; s. etwa RGZ Bd.67, S. 191, 194; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, aaO., § 7 Rdn. 1; Münch.Komm.-Schmitt, aaO., § 7 Rdn. 22). Die Begründung des Wohnsitzes erfolgt durch die tatsächliche Niederlassung an einem Ort, verbunden mit dem Willen, diesen Ort zum ständigen Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen (s. BVerfG NJW 1990, S. 2193, 2194; BayObLGZ 1985, S. 158, 161; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, aaO., § 7 Rdn. 6; Münch.Komm.-Schmitt, aaO., § 7 Rdn. 19 ff., 23 ff.). Die polizeiliche Anmeldung ist hierfür weder erforderlich noch ausreichend, kann aber ein tragfähiges Beweisanzeichen sein (s. BGH NJW-RR 1990, S. 506, 507; BayObLG, NJW-RR 1989, S. 262, 263; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, aaO., § 7 Rdn. 7; Münch.Komm.-Schmitt, aaO., § 7 Rdn. 20, 25). Der Aufenthalt an einem Ort für einen nur vorübergehenden Zweck, etwa am Ausbildungsort, am Studienort oder an dem Ort der Erfüllung der Wehrdienstpflicht, begründet dort regelmäßig keinen "Wohnsitz" im Sinne von § 7 BGB (s. BVerfG NJW 1990, S. 2193, 2194 m.w.Nw.; Palandt/Heinrichs/ Ellenberger, aaO., § 7 Rdn. 7; Münch.Komm.-Schmitt, aaO., § 7 Rdn. 27, 28).

Grundsätzlich muss derjenige, der vom Vertrag zurücktritt, darlegen und beweisen, dass ihm ein Rücktrittsrecht zusteht (s. etwa BGH NJW 1986, S. 919 f.; Palandt/Grüneberg, aaO., § 346 Rdn. 21; Münch.Komm.-Gaier, BGB, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 346 Rdn. 68; Bamberger/Roth/Grothe, BGB, Bd. 1, 2003, § 346 Rdn. 39). Nach dem Gedanken der hier gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anwendbaren Vorschrift des § 358 BGB (a.F.) [s. auch § 345 BGB; § 358 BGB (a.F.) enthält einen allgemeinen Rechtsgedanken, der unbeschadet des Wegfalls dieser Norm am 1. Januar 2002 Geltung hat (s. etwa Münch.Komm.-Gaier, aaO., § 346 Rdn. 68 m.w.Nw.; Bamberger/Roth/Grothe, aaO., § 346 Rdn. 39 m.w.Nw.)] obliegt freilich dem Beklagten die Beweislast dafür, dass er seinen Hauptwohnsitz innerhalb der vereinbarten Frist von zwei Jahren in der Nähe der Betriebsstätte begründet hat. Denn auch hierbei handelt es sich um den Nachweis der "Erfüllung" einer vertraglichen Verpflichtung, wie er gemäß § 10 Nr. 3 lit. a) des Kaufvertrages dem Käufer zudem ausdrücklich auferlegt wird. § 358 BGB (a.F.) und § 10 Nr. 3 lit. a) des Kaufvertrages sprechen eindeutig für die "Nachweis- und Beweislast" des Beklagten (Käufers); eine solche Beweislastverteilung rechtfertigt sich daraus, dass es dem Käufer regelmäßig unschwer möglich ist, seine Wohnsitznahme nachzuweisen, wohingegen der "Gegenbeweis" des Verkäufers mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein kann. Seiner "Nachweislast" genügt der Käufer hiernach zunächst mit der Vorlage einer Meldebescheinigung, wie dies in § 10 Nr. 3 lit. a) des Kaufvertrages auch gefordert wird und der Bedeutung der Meldebescheinigung als "Beweisanzeichen" entspricht. Wird ein solcher Nachweis nicht vorgelegt oder bestehen ernstliche Zweifel an der in der Meldebescheinigung ausgewiesenen Wohnsitznahme - wobei die Darlegungs- und Beweislast für diese Zweifel der Verkäufer (hier: die Klägerin) trägt - , so muss der Käufer (hier: Beklagter) positiv beweisen, dass er seinen (Haupt-)Wohnsitz fristgerecht in der Nähe der Betriebsstätte begründet hat.

Nach diesen Maßgaben ergibt sich für den vorliegenden Fall folgendes:

Der Beklagte hat den Nachweis der Wohnsitznahme in der Nähe der Betriebsstätte bis zum 11. Dezember 2003 durch Vorlage tauglicher Meldebescheinigungen nicht erbracht, so dass er die Erfüllung dieser Pflicht positiv beweisen muss. Die Meldebescheinigungen vom 12. Juli 2001 und 17. Februar 2004 sind unstreitig unrichtig, da der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen lediglich im Frühjahr 2003 für die Dauer von etwa 2 Monaten und von vornherein nur "vorübergehend" auf dem Grundstück ...straße 13 in D... (nämlich: im Nebengebäude ...straße "13a") gewohnt und dort somit unstreitig keinen Wohnsitz begründet hat. Die Meldebescheinigung vom 15. März 2005 weist als Datum des Einzugs in die Wohnung im D... Weg 1 den 15. März 2005 aus, also ein Datum weit nach Ablauf der Zweijahresfrist am 11. Dezember 2003, und ist somit als Nachweis der Erfüllung der Verpflichtung des Käufers nicht geeignet.

11.

Der ihm sonach obliegende positive Beweis der fristgerechten Wohnsitznahme in der Nähe der Betriebsstätte ist dem Kläger indes gelungen.

Aus der Gesamtschau der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergibt sich, dass sich im ehemaligen Verwaltungsgebäude auf dem Grundstück D... Weg 1 eine komplett eingerichtete Wohnung befindet und der Beklagte sich ab dem Jahre 2003 in Ferien- und "Arbeits-Stoßzeiten", insbesondere zu Erntezeiten, und gelegentlich auch an Wochenenden im D... Weg 1 aufgehalten und dort auch übernachtet hat (Zeugenaussagen H..., L..., Ri..., Sch..., V...). Unstreitig hat sich der Beklagte in der Zeit von Sommer 2003 bis Sommer 2005 zu Ausbildungszwecken in Ausbildungsbetrieben im Raum Ha... und Br... aufgehalten und in dieser Zeit ganz überwiegend in der Nähe dieser Ausbildungsstätten übernachtet. Unstreitig befand sich in dieser Zeit am Gebäude der Wohnung im D... Weg 1 weder ein Namensschild noch eine Klingel noch ein Briefkasten; nach der Aussage der Zeugin Ri... geht nur selten Post für den Beklagten (etwa ein- bis zweimal pro Monat) im D... Weg ein. Dies mag nun für sich allein betrachtet zunächst gegen die Begründung eines "Wohnsitzes" im Sinne eines räumlichen "Lebensschwerpunktes" sprechen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich der Beklagte nach Ableistung des Wehrdienstes ab dem Sommer 2003 in einer auswärtigen Ausbildung zum Agrartechniker befunden und danach (Herbst 2005) sein Studium an der Universität K... aufgenommen hat und dass der damit verbundene ganz überwiegende Aufenthalt am Ausbildungs- bzw. Studienort regelmäßig - da nur einem "vorübergehenden Zweck" dienend - keinen Wohnsitz an diesen Orten begründet. Diesen Aspekt hat das Landgericht nicht hinreichend beachtet. Die Wohnung im D... Weg 1 kann unter den vorstehend erwähnten Umständen auch dann der "Hauptwohnsitz" des Beklagten sein, wenn er sich wegen seiner Ausbildung und seines Studiums dort nur "gelegentlich" aufhält. Die Lage und der von den Zeuginnen T... und K... im März 2005 so vorgefundene "sterile" Zustand der Wohnung stehen bei dieser Sachlage der Annahme eines "Hauptwohnsitzes" nicht entgegen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte näher dargelegt hat, dass er im Raum D.../L... und Umgebung in vielfältiger Hinsicht wirtschaftlich aktiv ist und sich dort seine künftige wirtschaftliche Existenz aufbaut, ohne dass dem die Klägerin mit substantiiertem Bestreiten entgegengetreten wäre. Schließlich hat der Beklagte mit der polizeilichen Anmeldung seines alleinigen Wohnsitzes in D.../L... nach außen hin dokumentiert, dass er dort seinen Lebensmittelpunkt nehmen und behalten will. Der dokumentierte Wille, diesen Ort zum ständigen Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen, und der - nachgewiesene - gelegentliche Aufenthalt genügen unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles (auswärtige Ausbildung) für die Begründung des "Hauptwohnsitzes".

Mithin hat der Beklagte nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme den Beweis für eine Begründung seines Hauptwohnsitzes im D... Weg 1 in D... im Frühjahr/Sommer 2003 geführt. Eine erneute Zeugenvernehmung durch das Berufungsgericht war nicht geboten, da die Abweichung von der Entscheidung des Landgerichts insbesondere auf rechtlichen Erwägungen beruht (Ausbildungs- und Studienort kein "Wohnsitz") und nicht auf einer abweichenden Würdigung des Inhalts oder der Überzeugungskraft der Zeugenaussagen (s. dazu etwa BVerfG NJW 2003, S. 2524; BGH NJW-RR 2006, S. 267, 268; NJW-RR 1998, S. 1601, 1602 m.w.Nw.; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 529 Rdn. 8 m.w.Nw.; Baumbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 398 Rdn. 6 f. m.w.Nw.). Der erkennende Senat trifft eine abweichende rechtliche Bewertung des gleichen Tatsachenstoffes und Beweisergebnisses des Landgerichts, ohne eine abweichende Würdigung der Glaubwürdigkeit der vernommenen Zeugen oder der Überzeugungskraft ihrer Aussagen vorzunehmen.

cc) Ist ein Rücktrittsrecht der Klägerin nach § 10 Nr. 2 lit. e) des Kaufvertrages sonach nicht gegeben, kann dahingestellt bleiben, ob die Ausübung des Rücktrittsrechtes hier gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen hätte.

Für ein Hindernis aus § 242 BGB sprechen folgende Umstände: Der Klägerin war aus den Ausführungen im Betriebskonzept des Beklagten bekannt, dass es sich bei ihm um einen erst 19 Jahre alten Abiturienten handelte, der nach dem Abitur den Beruf des Agrartechnikers lernen und danach ein Studium zum Diplom-Landwirt absolvieren werde; auf diesem Hintergrund war das Erfordernis eines überwiegenden auswärtigen (d.h. nicht "ortsansässigen") Aufenthalts naheliegend. Gleichwohl "billigte" die Klägerin das vorgelegte Betriebskonzept des Beklagten und schloss mit ihm den Kaufvertrag über einen begünstigten Waldflächenerwerb nach § 3 Abs. 8 Satz 1 lit. b) AusglLeistG ab. Dann jedoch könnte es treuwidrig sein, wenn sich die Klägerin auf den Rücktrittsgrund der unterbliebenen Haupt-wohnsitznahme in der Nähe der Betriebsstätte binnen einer Frist von zwei Jahren nach Vertragsabschluss beruft und dies seinen Grund allein in der auswärtigen Ausbildung des Beklagten findet. Andererseits hat der Beklagte in seinem Betriebskonzept den Eindruck erweckt, der "Familienbetrieb" und der Wohnsitz seiner Eltern befänden sich bereits in L...; hätte dieser Eindruck den tatsächlichen Verhältnissen entsprochen, so wäre es in den Zeiten einer auswärtigen Ausbildung des Beklagten wohl unproblematisch bei der "örtlichen Anbindung" an L... ("Wohnsitz" des Beklagten im Wohnhaus seiner Eltern) verblieben und es wäre dann wohl auch nicht zu einer Rücktrittserklärung der Klägerin gekommen.

Da die Frage eines Hindernisses aus § 242 BGB offenbleiben kann, ist der von der Klägerin im Termin vom 29. Mai 2008 hierzu beantragte Schriftsatznachlass entbehrlich. Das Vorbringen der Klägerin im - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 3. Juni 2008 gibt dem Senat keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 269a, 156 ZPO).

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO sowie auf § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nicht ersichtlich.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 720.000,- € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 6 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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